--- Natty Roots, Background & more / Dreadlocks, Frisur wie jede andere? ---

-|| Dreadlocks- eine Frisur wie jede andere ? ||-

Was unterscheidet Dreadlocks von einem gepflegten Mittelscheitel, Pipi-Langstrumpf-Zöpfen oder einem Irokesenschnitt? Sind nicht alles nur Frisuren, von denen die eine mehr auffällt, die andere eben weniger? Und bin ich plötzlich ein anderer Mensch, nur weil ich mir die Haare verfilze?

Man könnte Dreadlocks einfach als verfilzte Haare und damit als eine ausgefallene Frisur unter vielen ansehen - und manche tun das sicher auch. Natürlich fallen Dreadheads in unserer Gesellschaft viel mehr auf als jemand mit einer 'normalen' Frisur.
Dreadlocks provozieren Aufmerksamkeit. Sie symbolisieren innere Einstellungen und Merkmale wie Rebellion, Jugendlichkeit und Alternativität und rufen damit z.T. heftige Reaktionen hervor. Wer selbst Dreadlocks trägt, kann oft von schockierten Blicken, empörten Verwandten oder sogar von Anfeindungen durch Rechte berichten (viele solcher Stories könnt Ihr in unserem Forum "Leben mit Dreadlocks" nachlesen). Doch Ähnliches kann man auch als Punk erleben. Dennoch gibt es einige Dinge, die Dreads zu mehr als einer alternativen Frisur unter vielen machen. Dass Dreadlocks nicht nur die vielleicht erstaunlichste Haartracht überhaupt sind, sondern auch noch eine tiefere Bedeutung haben können, möchten wir Euch im folgenden etwas verdeutlichen.


Punkt 1: Dreadlocks, die "Furchtlocken" - eine Frisur, die Angst macht ?!
"Dread-locks", das bedeutet übersetzt "Furchtlocken" (zur Entstehungsgeschichte des Namens findet Ihr mehr im Artikel ("Woher der Name 'Dreadlocks' kommt").
Eigentlich sollte man meinen, dass die Art, in der man seine Haare trägt, in einer aufgeklärten Gesellschaft kein Grund zur Furcht mehr sind. Dennoch ist dem bei Dreadlocks nicht so. So kommt es z.B. immer wieder vor, dass Menschen ängstlich die Straßenseite wechseln, wenn Ihnen ein Dreadhead entgegen kommt. Als Grund dafür kann sicher nicht die vielzitierte Angst vor Läusen herhalten, auch wenn dieses Klischee mindestens so weit verbreitet ist, wie es dumm ist. Irgendetwas muss an diesen Dreadlocks sein, das Respekt einflösst.
Schon die alten Römer und Cäsar überkam ein mulmiges Gefühl, wenn Sie germanischen Horden mit Ihrer fremdartigen Haartracht, begegneten. Das Kampfesgebrüll der Germanen machte sie zu unangenehmen Gegnern. Doch auch Ihr fremdartiges Äußeres ließ so manchen Römer erschaudern. Die Kelten hätten "Haare wie Schlangen" schreibt Cäsar und meint damit nichts anderes als verfilztes Haar (= Dreadlocks), das ja mitunter tatsächlich an Schlangen erinnert. Vielleicht spielt der römische Feldherr hier auch auf einen gut bekannten griechischen Mythos an, indem er die Kelten rein Äußerlich mit einem antiken Scheusal, der Medusa vergleicht. Der Sage nach hatte die Gorgo Medusa "Schlangen statt Haare" auf dem Kopf und war von einem derart fürchtertlichem Anblick, dass jeder, der sie ansah, sofort zu Stein erstarren musste.
Doch auch in jüngerer Zeit und in anderen Kulturen haben Dreadlocks den Menschen Angst gemacht. Auf Jamaika wurde der religiösen Gemeinschaft der Rastafarians, die traditionell Dreadlocks trägt, allerleich schauerliche Dinge nachgesagt. Die Leute mieden die Rastafarians, da sie angeblich Kriminelle seien, die unter anderem Kinder töten und essen würden. Eine Zeit lang wurden die Rastafarians durch die Polizei verfolgt. Wann immer ein Rastafarian festgenommen wurde, schnitt man ihm die Dreadlocks als Zeichen der Mißachtung und der Demütigung ab. Die Rastafarians wehrten sich natürlich dagegen, so dass es mitunter zu blutigen Ausschreitungen kam.

Punkt 2: Innere Kraft durch Dreadlocks !?
Der Grund dafür, dass dne Rastafarians Ihre Dreadlocks so wichtig sind, ist, dass Dreadlocks für sie ein Symbol sind. Viele Rastafarians betrachten Ihre Dreadlocks als göttliche 'Antennen', mit deren Hilfe Sie nicht nur das wohlgefallen Gottes (den Sie 'Jah' nennen), sondern auch Kraft und Inspiration 'empfangen' könnten.
Wer das jetzt ziemlich abgedreht findet, der sollte vielleicht einen Blick in das Buch werfen, das unsere Kultur am stärksten prägte, die Bibel. Denn auch Sie erzählt von Dreadlocks als Zeichen göttlicher Stärke, undzwar im 'Buch der Richter' (AT 13:15), das uns von Samson berichtet.
Viele Rastafarians vergleichen Ihre Dreadlocks auch mit einer Löwenmähne (der 'Lion Of Judah' ist ein heiliges Symbol für die der Rastafarians, da er den lebendigen Gott repräsentiert). "In den Straßen Jamaikas kann man auch immer wieder Rasta-Anhänger beobachten, die den würdevollen Gang des Löwen kopieren." (Quelle: www.jamaica-travel.de/rasta.htm ). Und wohlmöglich hat auch der ein oder andere europäische Dreadhead schon so manches mal etwas dieser inneren 'Löwen-Stärke', dieses positiven Selbstbewußtseins verspüren können, wenn er/sie mit seiner/ihrer langen Mähne aus Dreadlocks durch dei Welt schreitet.

Punkt 3: Dreadlocks - Natur als Frisur.
Was passiert, wenn sich jemand mit krausem Haar,a lso z.B. fast alle Afrikaner, eine Zeit lang die Haare nicht kämmt? Genau, die Haare werden verfilzen und über kurz oder lang Dreadlocks entstehen. Das besondere an Dreadlocks als Frisur ist, dass diese Haartracht natürlich wie keine andere ist. Im Prinzip muss man nichts tun, als sich nicht mehr zu kämmen, um Dreadlocks zu erhalten. Zugegeben, bei dem etwas glatterem europäischen oder gar asiatischem Haar ist diese Methode nur etwas für sehr geduldige Menchen; aber sie funktioniert auch bei uns. Kein Wunder, dass es Dreadlocks in beinahe allen Alten Kulturen gab - und gibt. V.a. bei Naturvölkern spielten Dreadlocks oft eine große Rolle, indem sie z.B. die Tracht der Schamanen oder Hohepriestern waren. So etwa bei den Sadhus, die im Raum des heutigen Indiens lebten und leben: Als zeichen von Askese und tiefem Glauben schneiden sich die Sahus Ihre Haare nicht und tragen stattdessen sehr oft Dreadlocks. Bezeichnend ist auch, dass die sogenannte 'zivilisierte Welt', die sich weitgehend von natürlicher Lebenswiese entfernt hat, damals und heute Dreadlocks ablehnt. So wird von den europäischen Kolonisatoren Afrikas erzählt, dass sie die unterworfenen Naturvölker mitunter zwangen, Ihre Haare zu scheren.


Punkt 4: Dreadlocks als Zeichen des Widerstands.
Es kommt wohl aus dieser Zeit dass Dreadlocks auch zum Symbol des Widerstands gegen Unterdrückung wurden. Früher mochte diese Unterdrückung in Form von Sklaverei bestanden haben, heute protestieren Dreadheads z.B. die Durchsetzung der Gesellschaft durch rechtsradikales Gedankengut oder einseitige Konsumgeilheit. Auch wenn Dreadlocks seit Bob Marley - und neuerdings seit dreadlockstragenden MTV-'Stars' - in Mode zu kommen scheinen, so ist abzusehen, dass Dreads im Großen und Ganzen eine Frisur der Minderheiten bleiben werden. Allein schon, dass Dreadlocks viel Zeit - und die istheutzutage ja bekanntlich knapp - beanspruchen, dürfte die meisten 'Trend-Kiddies' auf Dauer abschrecken. So bleibt zu hoffen, dass dieser und andere Artikel ein wenig dazu beitragen, dass Dreadlocks auch in Zukunft für möglichst viele ihrer Träger mehr bedeuten, als nur 'verfilzte Haare'...



Bildquellen:
Mike Krüger: http://www.fiese-scheitel.de
Rastafarian: http://www.dreadlocks.de
Sadhumen: http://www.dreadlockz.net
diverse Bilder aus dem www.


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